Das Thema der virtuellen therapeutischen Beziehung gewinnt infolge der seit einigen Jahren wachsenden Popularität des Internets in den Gesundheitsfragen immer mehr an Bedeutung. Denn inzwischen wird das Internet nicht nur für informative Zwecke zu verschiedensten Themen der körperlichen und psychischen Gesundheit verwendet, sondern für psychotherapeutische und beraterische Belange in unterschiedlichen Settings (E-Mail, SMS, Live-Chat, Video-Konferenzen) eingesetzt.
Im Rahmen
der Online-Therapie kommt es zum ungehemmteren Austausch als im
Face-to-Face-Kontakt, was sich sowohl positiv als auch negativ auf die
therapeutische Beziehung auswirken kann. Herausragende Strukturmerkmale des
Mediums Internet sind zum einen seine permanente Verfügbarkeit, zum anderen die
Sicherstellung der zeitlichen Flexibilität. Dabei wird gerade das Wechselspiel
zwischen unbegrenzter Erreichbarkeit anderer bei gleichzeitiger Anonymität der
eigenen Person, als Gefahr für die Stabilität und Authentizität für die
therapeutische Beziehung angesehen, denn dies birgt in sich die
Unverbindlichkeit der Beziehung und somit ggf. die Gefahr der Erschaffung einer
anderen Identität.
Gerade die
Anonymität und die Möglichkeit darüber zu entscheiden, welche Inhalte man von
sich selbst preisgibt, also Kontrolle darüber, wie ausführlich und
wahrheitsgetreu die Person sich darstellt, birgt in sich die Gefahr des
Kontrollverlustes. Man kann nur schlecht nachprüfen, ob ein
Kommunikationspartner derjenige ist, als welcher er sich ausgibt. Trotzdem kann
therapeutisch eine Online-Kommunikation Vorteile aufgrund der Enthemmung
infolge der Anonymität ergeben, da die Klienten eher dazu bereit sind sehr
intime und peinliche Informationen mitzuteilen, die im therapeutischen Kontext
und Setting verarbeiten werden können.
Der Mangel
an nonverbaler Kommunikation, die im psychotherapeutischen Geschehen als
unabdingbar gilt, stellt den bedeutsamsten Kritikpunkt für die Qualität der
therapeutischen Beziehung via Internet dar. Denn die Kommunikation wird als
Wechselspiel zwischen Sender und Empfänger gesehen, in welchem sich beide
gegenseitig bedingen und verbale sowie nonverbale Signale gleichermaßen eine
Rolle auf Inhalts- und Beziehungsebene spielen.
Die in der
computervermittelten Kommunikation verwendete Sprache (rein textliche Sprache)
sei entsprechend der Kanalreduktions-Theorien emotional ärmer, was zur
Entsinnlichung und Unverbindlichkeit sozialer Beziehungen führe und den Aufbau
sozioemotionaler Beziehungen erschwere (Götz, 2003).
Auch der
bewusste Einsatz von Emoticons (z.B. Smiley) könne das Wegfallen von Mimik und
Prosodie nicht kompensieren, da beim gegenseitigen Verstehen viele unbewusste
Signale basierend auf nonverbaler Sprache und dem mimischen Ausdruck, notwendig
bzw. fördernd sind. Ebenso können Missverständnisse schneller auftreten, vor
allem bei einer asynchronen Kommunikation. Auftreten von Unstimmigkeiten, die
nicht direkt aufgelöst werden können, kann einen beträchtlichen Einfluss auf
die therapeutische Beziehung nehmen.
Besonders
in der Psychotherapie ist es wichtig die Präzision der Formulierung zu
gewährleisten um Missdeutungen zu vermeiden.
Viele der
angeführten Gefahren lassen sich allerdings durch entsprechende
Weiterqualifikationen auf diesem Bereich, sowie methodische Kompetenzen des
Beraters/Therapeutes und seine Erfahrung kompensieren.
Darüber
hinaus gilt es: Online-Beratung/Therapie ist sowohl von der Beziehung als auch
der Kommunikation auf keinen Fall mit einer Face-to-Face-Beratung/Therapie
gleichzusetzen und und sollte als eine grundsätzlich eigenständige Form
klinischer Intervention behandelt werden.
Autor / Information:
Demetris
Malberg, Dipl. Psych.; wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität
Kassel im Fachbereich „Theorie und Methodik der Beratung“
THERAPION.COM
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