Unsere Lebensrealitäten sind für die meisten Menschen so angelegt, dass sie unserer seelischen und körperlichen Gesundheit nicht selten im Wege stehen.
Wir hetzen von einem Ort zum anderen, weil wir für unseren Lebensunterhalt aufkommen oder sogar erst mal Wege finden müssen, wie wir in die Lage kommen, diesen selbst bestreiten zu können. Wir müssen noch einkaufen, die Kinder zur Schule, zum Sportkurs o.a. bringen und wieder abholen, zum Arzt gehen und noch dies und das erledigen. Dazwischen fehlt fast die Zeit zum Atmen.
Selbst unsere Kinder finden sich zahlreich in dieser Situation der Anspannung und Rastlosigkeit wieder, überfordert im Schulalltag, belastet mit zu vielen Hausaufgaben und ohne ausreichende Möglichkeiten gute Erfahrungen im Lebensalltag zu machen.
Um den Alltagsballast abzuwerfen, nutzen wir vor allem, was uns die schöne glitzernde Konsum- und Dienstleistungswelt so bietet : modernste und immer wieder neueste Produkte der Unterhaltung und Ablenkung und eben alles, das unserem angeknacksten Selbstwert zu schmeicheln vermag.
Wir gleichen aus, indem wir dazu noch konsumieren, was uns auf Dauer schadet und quälen unseren Körper und unsere Seele, manchmal sogar unseren Geist mit zuviel oder zuwenig Nahrung, Bewegung und Pflege ; mit zuviel Alkohol, Medikamenten und anderen Drogen. Wir werden krank und machen trotzdem weiter wie bisher. Wir hören einander viel zu selten richtig zu und bleiben allein.
Wir sind wütend über die Politik, haben Angst vor noch mehr Gewalt und Terror, bleiben mit Schrecken zurück angesichts der wiederkehrenden alarmierenden Ereignisse und suchen den/ die Schuldig(e/n).
Wir dürfen oder können unsere Gefühle nicht angemessen ausdrücken und versuchen am ehesten, nichts mehr zu spüren. Die Lähmung bleibt in uns.
Es mangelt an Lebensfreude, geglückter Kommunikation, Zeit, Entspannung, Ruhe, Gesundheit und Wohlbefinden, an Empathie und Liebe...
Eine recht einseitige Beschreibung ? Durchaus und ganz bewusst, um einige Möglichkeiten der Ausbeutung unserer Seele und unseres Körpers aufzuzeigen.
Die Folgen unseres aktuellen Daseins hat jeder von uns entweder schon selbst zu spüren bekommen oder wenigstens im näheren Umfeld miterlebt. Die Seele ruft um Hilfe in Form von Unglücklichsein, Erschöpfungszuständen, Depressionen, Selbstverletzungen und unzähligen krisenartigen und ernstzunehmenden Symptomen mehr. Der Körper zwingt uns zum Anhalten mit Verspannung, Schmerz, Unwohlsein, chronischen Beschwerden, psychosomatischen Erkrankungen und tausenden weiteren Möglichkeiten.
Die Wahrnehmung unserer eigenen seelischen und körperlichen Nöte setzt häufig erst spät ein. Erst wenn wir schon ein erhebliches Stück in die falsche Richtung gelaufen sind, meldet sich irgendwann die seelische und oft damit verknüpfte körperliche Problematik so ausgeprägt, dass wir uns nicht länger davor verschliessen können.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, es geht hier nicht um unsere Schuld an all dem, es geht eher um das, woran wir unseren Anteil haben und damit die Chance, uns so zu verändern, dass wir unserer jeweiligen Situation ein Stück begegnen dürfen, um ihr zur Entwicklung zu verhelfen. Die Bedingungen, die unsere Umwelt und Gesellschaft stellt, sind in vielen Punkten nicht hilfreich, ein gesundes Leben zu leben. Machtlos und resigniert brauchen wir dem jedoch nicht gegenüberstehen.
Viele von uns haben beinahe vergessen, dass der Körper nicht unterhalb des Kopfes endet, ausser er meldet sich aus anderen Regionen, um uns zu erinnern. Warum also sollten wir ihn nicht angemessen einbeziehen, wenn wir seelisch gesund sein wollen ?
Schon unser Sprachgebrauch liefert hier wertvolle Hinweise : « den Boden unter den Füssen verlieren », « ich weiss nicht, wo mir der Kopf steht », « etwas nimmt mir die Luft zum atmen », « etwas liegt mir schwer im Magen » oder « ich kann das schwer verdauen /schlucken », etwas lastet auf meinen Schultern », « etwas tut mir im Herzen weh », « etwas sitzt mir im Nacken » oder « ich kann es nicht mehr hören » sind nur einige dieser Äusserungen, die wir häufiger wahrnehmen könnten und so manches Mal durchaus wörtlich nehmen dürfen.
Was verraten sie uns über unsere Befindlichkeiten, unser Verhalten und unsere Gesundheit ? Versuchen wir es am Beispiel « den Boden unter den Füssen verlieren ». Diese Äusserung weist uns tatsächlich ganz wörtlich darauf hin, was in einer bestimmten Situation, im Kontakt mit einem Menschen, beim Erfahren von Neuigkeiten oder in der Betrachtung unserer Situation geschieht : wir erleben , wie wir unsere Bodenhaftung verlieren. Die aber ist die Grundlage unserer Lebensstabilität. Als Kinder unseres Planeten Erde sollten wir uns sicher mit ihr verbunden fühlen. Ohne diese Verbindung, körperlich wie seelisch, wird es schwer, mit irgendetwas im Kontakt zu sein, geschweige denn, es tragen zu können.
Für seine Existenz Verantwortung zu übernehmen, sich um seine echten Bedürfnisse zu kümmern, das dauernde Rennen auch mal zu beenden und sich « standfest » mit seinen Problemen zu befassen zu können, sind einige unserer Lebensaufgaben. Konflikte zulassen zu können, ohne davonlaufen zu wollen, braucht genau diese Sicherheit, fest auf dem Boden zu stehen.
Wenn nach dem Sommerurlaub für die Meisten das Alltagsprogramm Einzug hält, tut es gut, sich ab und an zu erinnern, dass wir mehr als nur unserer Kopf sind. Häufiger innezuhalten, einfach bewusst durchzuatmen und gut zu beobachten, welche unsere körperlichen Befindlichkeiten sind und was sie der Seele mitteilen wollen, um sie dann in der Folge auch zu berücksichtigen, damit sich unser Leben positiv bewegen darf, wäre für uns alle hilfreich auf dem Weg zu seelischer Gesundheit und auch zu weniger körperlichen Beschwerden.
Inzwischen verfügt unsere Gesellschaft nicht nur über grosse Probleme sondern über mindestens ebenso viele Möglichkeiten der Unterstützung, wie Sport- oder Yogakurse, Entspannungs- und Wellnessmethoden neben kreativen und therapeutischen Angeboten. Je nach Mitteln und Möglichkeiten des Einzelnen ist auch der Spaziergang im Wald, das Hobby oder der Ausflug ans Meer ideal, seine Balance wiederzufinden.
Der wichtigste Schritt bleibt, zu sich selbst zu kommen und auch selbst für seine seelische und körperliche Gesundheit aktiv zu werden. Manchmal ist (professionnelle) Begleitung von aussen ein guter Weg oder einfach nötig, oft helfen uns jedoch auch schon Veränderungen, die wir selbst herbeiführen können, sofern wir unsere Selbstwahrnehmung ehrlich und realistisch sensibilisieren und stärken und bereit sind , unsere Denkmuster und Verhaltensweisen von Zeit zu Zeit zu überprüfen.
Wenn wir beginnen, zusätzlich die Botschaften unseres Körpers zu « lesen », steht uns ein weiteres Instrument zur Seite, das unserem Gesundsein entgegenkommt.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen Lebensfreude, geglückte Kommunikation, Zeit, Entspannung, Ruhe, Gesundheit und Wohlbefinden, Empathie und Liebe. Natürlich ist es aus vielen Gründen und Bedingungen heraus völlig normal, dass nicht jeder Weg allein bewältigt werden möchte oder kann, dass unerwartete und schwerwiegende Probleme auftauchen oder sich schlicht der geeignete Zeitraum und Ort nicht so leicht finden lässt.
Für alle, die sich auf ihrem persönlichen Lebensabschnitt gut begleitet wissen möchten, steht auf unserer Webseite,
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Autorin: Anja Illmer-Bezy
Dipl.-Psych., Familientherapeutin